Knisterromantik oder Rußschleuder: Pro und Contra für den Holzkamin

von | 8. Aug 2023

Ein Lagerfeuer bietet Licht, Wärme und Schutz. Hier treffen sich Freunde und Familie. Es ist ein friedlicher Ort des Zusammenseins. Wenn das Romantik ist, dann gehört Romantik zum Menschsein dazu. Ohne Lagerfeuer gäbe es uns alle sicher nicht. Das spüren wir auch, wenn wir vor einem Kaminfeuer sitzen: es flackert, knistert und duftet nach Gemeinschaft, Geborgenheit und Wärme. Doch würden heute 8 Milliarden Menschen abends vor ihren Lagerfeuern sitzen, wäre das für den Planeten wohl nicht so gut. Darum stellt sich die Frage, ob ein Kamin das, was wir uns von ihm erhoffen, überhaupt leisten kann. Auch als alternativer Energielieferant unter Nachhaltigkeitsaspekten. Holzkamin ja oder nein – auch wenn das am Ende jeder selbst entscheiden muss: hier der Versuch eines objektiven Pro und Contras ins Sachen Holzkamin.

Holz brennt gut. Gut genug?

Holz ist nicht gleich Holz, schon gar nicht beim Heizen. So verbrennen ­– laut Emissionsbericht des Bundesumweltamtes 2023 (S. 98) – Holzpellets im Kessel zu besonders wenig Staub und CO2. Emissionsfrei ist das Verbrennen aber nie. Diese Pelletkessel stehen im Keller und sind im Idealfall Teil eines geschlossenen, Heizsystems. Feierabend-Kuschelfaktor: Null. Bei der kleinen, wasserführenden Variante mit wärmespeichernder Verkleidung fürs Wohnzimmer kommt durch das Flammen-Guckfenster schon etwas mehr Lagerfeuerromantik auf. Doch diese Öfen sind teuer und ihr Wert für das Senken von Emissionen und Heizkosten ist insgesamt eher gering. Richtig schlecht werden die Feinstaubwerte mit Holzkaminen, bei denen die Scheite von Hand aufgelegt werden. Landet gar Omas alter Tisch im Kamin, rußt es fast schon kriminell. Aus Sicht des Bundesumweltamtes gibt es noch viel zu viele solcher Kaminöfen. Und spricht keine Empfehlung mehr aus.

Zahlen vs. Kuschelfaktor

Bisher hat der Staat auch den kleinen Kamin im Wohnzimmer recht unkompliziert gefördert. Doch das soll sich nun ändern. Denn Holz als alternativer Energieträger hat seinen guten Ruf eingebüßt, seit es das Auto als Dreckschleuder Nummer eins bei den Feinstaubwerten abgelöst hat. Damit steht Deutschland nicht besser da, als andere europäische Länder. Geld von Staat für Holzkamine wird es wohl nur noch dann geben, wenn gleichzeitig Solarthermie genutzt und ein Feinstaubfilter am Ende des Kamins eingebaut wird. Und auch, wenn das Verbrennen von Pellets relativ umweltverträglich von statten gehen kann: Am besten ist es, wenn beim Heizen gar nichts brennt. Die Frage ist also nicht: Holzkamin oder nicht Holzkamin, sondern: Weiter den Urinstinkt bedienen oder Heizen mit Sachverstand.

Heizkosten sparen? Besser im großen Stil

Wer wirklich langfristig Heizkosten senken will, beschäftigt sich mit Wärmedämmung sowie Heiz-, Brenn- und Abrechnungswerten. Die Gasbrennwertheizung ist da ziemlich weit vorne. Auch das Nachdenken über Gas-Absorptionswärmepumpen mit geschlossenem Wasser-Ammoniak-Kreislauf kann sich lohnen. Brennstoff wird bei Wärmepumpen gar nicht benötigt. Dafür sind sie nicht besonders leise. Pelletheizungen mit Feinstaubfilter und Solarthermieunterstützung haben gute Effizienz- und Emissionswerte, sind aber sehr wartungsintensiv. Und wenn der Pelletbedarf schneller wächst, als das Holz, kommt die nächste Rohststoffkrise. War’s das dann mit dem „kleinen, warme Ofen neben dem Sofa“?

Weniger Lagerfeuer, mehr Nachhaltigkeit

So schön ein tanzendes Feuer im Wohnzimmerkamin auch ist: Was brennt, macht Dreck und verschlechtert die Umweltbilanz. Doch das heißt nicht, dass man auf einen Kamin im Wohnzimmer verzichten muss. Pellets knistern vielleicht nicht sehr gemütlich – dafür macht ein Feinstaubfilter auf dem Dach ein gutes Gewissen. Nachhaltigkeit und Romantik müssen sich also beim Heizen nicht komplett ausschließen. Doch die Vorstellung von ein bisschen „Lagerfeuer im Wohnzimmer“ ist noch viel weniger naturverbunden, als man vielleicht ahnt.

Matthias Haber

Matthias Haber

Autor für Wohnen und Ernährung matthias@365balance.de