Das Telefon summt, klingelt oder spielt Musik – und kratzt mit jedem Ton an denNervenenden? Wenn dann noch das Herz ein paar Takte schneller schlägt und der Schweiß spürbar wird – dann klingt das verdächtigt nach Telefonphobie. Gerade in Zeiten, in denen wirklich alle (mindestens) ein Smartphone besitzen, erscheint das mehr als seltsam. Trotzdem: diese Angststörung existiert.
Unter jüngeren Menschen ist die Furcht vor einem Telefonat relativ weit verbreitet: Laut der JIM-Studie von 2018 (Jugend, Information, Medien) schreibt jeder junge Deutsche im Durchschnitt 36 Nachrichten pro Tag. Lediglich jeder Fünfte verwendet das Smartphone noch für telefonische Gespräche. Sprich: 80 Prozent der 14- bis 20-Jährigen schrecken bereits vor einer direkten Sprach-Kommunikation zurück. Kein Wunder. WhatsApp, TikTok & Co – kurze Texte, Videos oder Sprachnachrichten sind eher gefragt. Aber woher rührt eigentlich die Angst vor dem Gespräch?
So äußert sich die Telefonphobie
Manche Telefonate sind einfach unangenehm. Vor ihnen nervös zu sein, ist völlig normal – wer ruft schon gern beim Finanzamt an oder beim Arzt, um seine Untersuchungsergebnisse zu bekommen? Was passiert? Zittern, Schweißausbrüche, Schauder, schwitzige Hände, Übelkeit? Das alles – in Verbindung mit einem Gefühl starker Unsicherheit – klingt ganz klar nach Phobie.
Das gilt vor allem, wenn von dem Gespräch (vermutlich) nichts Negatives zu erwarten ist. Das körperliche Unwohlsein ist bei vielen Betroffenen so stark, dass sie lieber auf das Telefongespräch verzichten. Leider kann diese Vermeidungshaltung aber Probleme viel größer machen, als sie sind.
Daher rührt die Angst vor dem Telefon
Wenn wir bei einer realen Begegnung mit jemandem sprechen, können wir an Gestik und Mimik einschätzen, wie die Person gelaunt ist: Hängt ganz offensichtlich eine Gewitterwolke über seinem oder ihrem Kopf, schleichen wir uns davon und kommen lieber später wieder. Diese Möglichkeit fehlt beim Telefon: Manchmal erreichen wir andere Personen, wenn sie gerade wütend oder im Stress sind. Das kann zu Ablehnung oder zu einer unangenehmen Gesprächssituation führen. Wir teilen außerdem am Telefon die Kontrolle: Beide sprechen, beide müssen reagieren und flexibel auf Zwischenfragen antworten. Jeder kennt das: Man hat sich einen Text zurechtgelegt und zack – das Gegenüber drängelt sich in den Satz und macht den schönen, vorher überlegten Text kaputt. Vielleicht fehlt sogar irgendwann eine Antwort? Peinlich, peinlich! All das war schon immer so – warum also verbreitet sich die Angst vor dem Telefonat inzwischen so sehr? Ganz einfach: Wir verlernen das Telefonieren, es wird uns fremd. Nachrichten, E-Mails und Onlineformulare ermöglichen uns einen fast kontaktfreien Alltag. Wir sind es schlicht nicht mehr gewöhnt, so oft zu telefonieren – und was wir nicht kennen, macht uns Angst.
Was, wenn der Gesprächspartner Telefonphobie hat?
Viele Dinge, die Persönliches oder die Arbeit betreffen, lassen sich am Telefon am schnellsten klären. Stellt man fest, dass ein Gesprächspartner bei der Arbeit an einer Telefonphobie leidet,gibt es mehrere Möglichkeiten der Unterstützung: Geben Sie gleich zu Beginn des Gesprächs die Themen an, über die Sie gern sprechen möchten. So kann sich der Gesprächspartnerdarauf einstellen. Lassen Sie sie in Ruhe ausreden. Rückfragen können Sie später noch stellen – machen Sie sich einfach entsprechende Notizen.
Was, wenn ich an Telefonphobie leide?
Das Telefon muss kein Endgegner sein. Stattdessen sollte jedes anstehende Gespräch gut vorbereitet sein. Idealerweise helfen Stichpunkte, quasi die Bulletpoints für alle Themen. Zudem gilt es, die Gespräche zu fest vereinbarten Zeiten durchzuführen. Je besser Sie vorbereitet sind, desto kleiner sind die Schrecken.
Übrigens: Wer beim Sprechen lächelt, sorgt bei sich selbst für eine angenehme Stimmung. Das hört man sogar am anderen Ende der Leitung. So verliert das Gespräch schnell seinen Schrecken! Den Versuch ist es wert.