Wahre Liebe tut immer ein bisschen weh. Auch die Liebe zur Zwiebel. Das fängt schon bei der Zubereitung an: Tränen, stechender Geruch und Zwiebelfinger. Tricks, die Abhilfe schaffen, finden Sie weiter unten im Artikel. Dass die Zwiebel in mindestens der Hälfte aller bekannten Rezepte auftaucht – gefühlt –  ist ein Desaster: für alle, die keine Zwiebel mögen und für diejenigen, die sie mögen, aber keine im Haus haben. Dabei kann die Zwiebel so vieles. Und das gleichzeitig: Gemüse und Gewürz sein, heilen und Aromen liefern, süßen und schärfen, Suppe oder Kuchen sein und sie steht seit Jahrtausenden in unzähligen Kulturen auf dem Speiseplan. Hier eine Hommage an die oft verkannte Superheldin unter den Gemüsen.

Wonderwoman und Supergirl gleichzeitig

Die Zwiebel hat – wie ihr Bruder, der Knoblauch – wahre Superkräfte. Diese werden freigesetzt, sobald ihre Zellen verletzt werden. Die eine Superkraft ist Diallyldisulfid (DADS), eine antioxidative Schwefelverbindung, mit der die Pflanze in der Natur Krankheiten, Pilzbefall und andere Störenfriede bekämpft. Nach dem Essen, am besten roh, macht DADS das gleiche im menschlichen Körper: die antimikrobiellen Eigenschaften hemmen das Wachstum von Pilz- und Bakterienstämmen und haben mutations- , krebs- und entzündungshemmende Wirkung. Letzters auch bei äußerer Anwendung. Zudem schützt DADS vor Herz-Kreislauferkrankungen. Die andere Superkraft, Quercetin, ist ein Antioxidans, dem positive Eigenschaften auf das Abwehrsystem nachgesagt werden. Zudem scheint Quercetin Muskelkater zu hemmen und die sportliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Aber Vorsicht: hochdosiertes Quercetin ist wiederum schädlich. Am University College in London erhofft sich die Forschung von den Pflanzenstoffen der persischen Zwiebel sogar Antibiotika, das gegen resistente Keime wirkt. Es wird höchste Zeit, dass sich Hollywood der Superzwiebel annimmt.

Berühmt seit anno dazumal

Nicht nur in der Medizin ist die Zwiebel eine Heldin. Auch bei Historikern ist sie ein Star: Seit 5000 Jahren wandert die Zwiebel durch die Mägen der Menschheit. Anfangs in Mittelasien und später mit dem römischen Legionären durch ganz Europa. Die Zwiebel wird auch im Kodex Hammurapi erwähnt, einer 4000 Jahre alten Sammlung sumerischer Rechtssprüche aus dem alten Babylonien. Es wurden sogar Zwiebeln als Beilage in Tutanchamuns Grab gefunden. Wo die liebe Zwiebel ursprünglich herkommt, ist leider unbekannt – in Europa begann ihr Erfolg spätestens in der Renaissance, als gezielt verschiedene Sorten für die Küche gezüchtet wurden. Womit wir beim wichtigsten Zwiebelthema sind: zubereiten.

Schneiden Sie sich gesund

Wie oben bereits erwähnt: Man muss die Zwiebel schneiden, damit sie ihre Superkraft entfalten kann. Nur, wenn die Zwiebelzelle verletzt wird, wird freigesetzt wofür die Zwiebel so geliebt und so gehasst wird: Ihre Schärfe – ein Nebeneffekt der Schwefelverbindungen. Was gegen die Tränen hilft? Ganz klar: Das was überall im Internet darüber steht. Wir haben (fast) alles ausprobiert und können sagen: Was das Social Media schreibt, stimmt – bis auf das Schneiden unter fließendem Wasser, das wäscht nämlich die gute Schärfe mit den Zwiebelkrümeln weg. Am besten Sie nehmen ein sehr scharfes Messer, atmen durch den Mund – und pusten sanft die tränentreibenden Dämpfe weg, bevor sie in die Augen steigen können. Von den Fingern geht der Geruch am schnellsten ab, wenn man sie nach dem Schneiden kurz an einem Edelstahllöffel reibt.

Sabine Körber

Sabine Körber

Autorin für Ernährung und Fine Dining sabine@365balance.de